Immobilienpreise sinken kaum noch: Ist die Talsohle erreicht?
Nach der Zins-Kehrtwende der EZB im vergangenen Jahr kam der Boom am Immobilienmarkt jäh zum Stillstand: Die Preise fielen nach Jahren konstanten Anstiegs erstmals. Doch nach den erfolgten, zum Teil durchaus kräftigen, Rückgängen sinken die Preise für Wohnimmobilien derzeit kaum noch. Ist die Talsohle erreicht oder gar durchschritten? Noch geben Institute und Experten keine einmütige Entwarnung.
Die Abwärtsdynamik lässt nach
Nach Analysen des Verbands deutscher Pfandbriefbanken (vdp) verbilligten sich Häuser und Wohnungen im zweiten Quartal lediglich um 0,9 Prozent im Verhältnis zum ersten Quartal. Im Vergleich zum Vorjahresquartal steht gleichwohl ein Minus von 5,4 Prozent unter dem Strich. Bei selbst genutztem Wohneigentum fielen die Preise im zweiten Quartal sogar nur um 0,4 Prozent, die Abschläge bei Mehrfamilienhäusern waren hingegen etwas größer. Insgesamt zeichnet sich für vdp-Hauptgeschäftsführer Jens Tolckmitt eine Stabilisierung am Wohnimmobilienmarkt ab. Ein Grund sei auch, dass sich die Bauzinsen zuletzt auf dem erhöhten Niveau eingependelt hätten und das Vertrauen am Markt steige, dass die Kreditzinsen nicht mehr viel weiter steigen. Eine Einschätzung, die von vielen Experten geteilt wird.
Die Stabilität kehrt zurück
Auch der Baufinanzierer Interhyp konstatiert eine zunehmende Beruhigung der Preiskurve. Interhyp-Chef Jörg Utecht resümiert: „Im Gesamtjahr 2022 sind die Durchschnittspreise um 7,5 Prozent gesunken, im ersten Halbjahr 2023 nur noch um 3,2 Prozent.“ Und: Zwischen April und Juni konnte eine weitgehende Konstanz beobachtet werden.
Der Greix-Immobilienpreisindex des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) geht mit seiner Prognose auf Basis der jüngsten Analysen sogar noch einen Schritt weiter. Der „German Real Estate Index“ misst dabei die 18 größten Städte Deutschlands. Für das zweite Quartal hat der Greix Unterschiede zwischen Eigentumswohnungen und Ein- oder Mehrfamilienhäusern ausgemacht: So sind die Preise für Eigentumswohnungen im zweiten Viertel des Jahres im Vergleich zum ersten zwar noch geringfügig um 0,3 Prozent gefallen – die Preise für Ein- und Mehrfamilienhäuser stiegen dagegen um jeweils 2,4 und 1,8 Prozent.
Moritz Schularick, Präsident des IfW Kiel, gibt daher zu Protokoll, dass die jüngsten Zahlen des Greix eindeutig zeigen, dass sich der Preisrückgang am Immobilienmarkt deutlich abflache und regional bereits wieder ein Anstieg zu beobachten sei. Eine Trendwende hin zu wieder einheitlich steigenden Preisen sei damit aber keineswegs eingeläutet.
Ein generelle Seitwärtsbewegung ist wahrscheinlich
Insgesamt gehen die Analysten davon aus, dass sich die Immobilienpreise auf breiter Front in den nächsten Monaten seitwärts bewegen. Es herrscht insofern eine gewisse Stabilität, ohne große Ausschläge nach oben oder unten. Dabei darf jedoch nicht vergessen werden, dass jede Statistik nivelliert: Sie kann niemals die oft großen regionalen Unterschiede und die gravierenden Differenzen zwischen Metropollagen, Mittelstädten und eher ländlichen Regionen widerspiegeln.
Die Mietpreise steigen kräftig
Mit Vehemenz setzt sich dagegen der Aufwärtstrend am Mietmarkt fort, auf den viele Menschen notgedrungen ausweichen. Die Neuvertragsmieten stiegen im zweiten Quartal kräftig um 6,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal. An der Spitze der Metropolen stand übrigens Berlin mit einem Plus von 9,5 Prozent binnen Jahresfrist.
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